Höhenkrankheit in Südamerika

Höhentrekking boomt. Ganz egal ob nun in den südamerikanischen Anden oder im Himalaya, bei meinen letzten Reisen hatte ich mehr und mehr das Gefühl, dass eine „richtige“ Bergbesteigung mittlerweile für fast jeden Reisenden dazugehört. Hier in Südamerika, wo ein 5000er oder ein 6000er vermeintlich so leicht zu erreichen ist, wird das Thema Höhenkrankheit von vielen Reisenden allerdings auch gerne auf die leichte Schulter genommen. Das soll nicht arrogant klingen, denn mir geht es nicht viel anders. In Peru stand für uns beispielsweise der über 6000 Meter hohe Vulkan Chachani fest auf unserer Reiseliste. Jeder kann sich, mit der richtigen Vorbereitung, an die Höhe gewöhnen. Umgekehrt kann die Höhe, bei keiner oder der falschen Vorbereitung, auch für jeden Menschen fatal sein. Im schlimmsten Fall gar tödlich. Es lohnt sich also durchaus, sich ein bisschen mit dem Thema zu beschäftigen. In diesem Beitrag möchte ich dir ein paar Tipps geben, wie du der Höhenkrankheit auf deiner nächsten Reise vorbeugen kannst.

Auf dem Weg zum Vulkan Láscar (5600m).

Auf dem Weg zum Vulkan Láscar (5600m).

 

Dünne Luft und weniger Sauerstoff?

Auf einer Höhe von 2800 Metern weisen die Hälfte aller Bergsteiger bereits schwache Anzeichen einer Höhenkrankheit auf. Schon für eine konditionell anspruchsvolle Bergtour oberhalb von 3500 Metern gilt eine gute Akklimatisierung als allgemein notwendig. Auf 4500 Metern zeigt ein Großteil aller Bergsteiger Anzeichen einer Höhenkrankheit. Auf 5000 Metern beträgt die Sauerstoffkonzentration nur mehr die Hälfte der Sauerstoffkonzentration im Vergleich mit der Meereshöhe. Ab 6000 Metern nimmt die menschliche Leistungsfähigkeit rapide ab. Schließlich, oberhalb von 8000 Metern ist eine Akklimatisierung nicht mehr möglich. Derartige Höhen werden auch als „Todeszone“ beschrieben. In diesem Bereich sollte die Aufenthaltsdauer 48 Stunden nicht überschreiten.

Zwar wird häufig von einem reduzierten Sauerstoffgehalt gesprochen, in Wirklichkeit setzt sich unsere Luft allerdings immer aus 79.04% Stickstoff, 0.003% Kohlenstoffdioxid und 20.93% Sauerstoff zusammen. Aufgrund des verringerten Luftdrucks nimmt mit zunehmender Höhe jedoch die Sauerstoffverfügbarkeit für den Menschen ab. Dieses Phänomen nennt man Hypoxie.

 

Anzeichen von Höhenkrankheit

Zu ersten Anzeichen einer Höhenkrankheit gehören leichter Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Atemlosigkeit und ein erhöhter Puls. Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sollten bereits als ernste Anzeichen gewertet werden. Wer jetzt nicht absteigt riskiert Lungen- und Hirnödeme.

 

Höhenkrankheit auf Reisen

Die meisten von uns werden sich wohl kaum mit der Besteigung eines 8000ers beschäftigen – und falls doch sollten die Infos dieser Seite lediglich die absoluten Basics darstellen. Doch wie man sieht ist eine gute Akklimatisierung auch für eine Reise durch die argentinische Puna, durch das bolivianische Altiplano oder durch das Hochland Perus relevant.

Vor ein paar Jahren bin ich mit einer organisierten Tour durch die Salzwüste Uyuni gereist. Da ich alleine unterwegs war wurde mir meine Gruppe von der Agentur quasi komplett zufällig zugelost. Ich hatte großes Glück, gemeinsam mit einem Brasilianer, einer Chilenin und drei Französinnen ging es drei Tage lang durch eine unglaubliche Landschaft. Die Gruppe war super, wir haben viel gelacht und konnten die Zeit gemeinsam genießen. Umso schlimmer war es mit anzusehen, wie sich zwei der Mitreisenden beim zweiten Camp, auf rund 4200 Metern, die ganze Nacht übergeben mussten. Das war für die beiden Betroffenen ganz sicher eine unschöne Erfahrung, die man noch dazu hätte vermeiden können.

Symptome der Höhenkrankheit können einem so also unter Umständen ein paar Urlaubstage vermiesen. Es kann allerdings auch schlimmer ausgehen. Ein befreundeter Guide aus Nordwest-Argentinien erzählte mir vor einigen Tagen fast nebenbei, dass vor Kurzem ein Tourist in der Gegend ums Leben gekommen sei. In diesem Falle waren drei Jungs in einem Mietwagen unterwegs. Nachdem sie ihr Auto angemietet hatten, sind sie noch knapp 3500 Höhenmeter in die argentinische Puna gefahren. Da sich ihr Auto auf einem besonders sandigen Stück festfuhr mussten zwei der Reisenden anschieben. Dabei sei es passiert.

 

Die richtige Akklimatisierung

Ich habe die Geschichte meines Freundes nicht genauer nachgeprüft, doch im Netz finden sich bei kurzer Suche bereits Unmengen ähnlicher Todesfälle. Warum erzähle ich diese Horrorgeschichten? Ich denke man kann eine ganze Menge daraus lernen. Wie man in beiden Geschichten sieht, ist einer der häufigsten Fehler sicherlich „zu schnell zu hoch“. Besonders wichtig ist bei einer Reise deshalb die richtige Reiseroute.

Möchte man etwa durch die Salzwüste Uyuni reisen, so könnte man auf chilenischer Seite zuvor die Tatio Geysire, die Lagunas Altiplanicas oder auch den Salar de Tara besuchen. Der Vorteil dabei ist die kurze Aufenthaltsdauer in der Höhe. Zwar liegen die Tatio Geysire ebenfalls bereits auf 4200 Metern, man hält sich hier jedoch nur wenige Stunden auf und übernachtet im Anschluss wieder im tiefer gelegenen San Pedro de Atacama (auf knapp 2400 Metern). 

Doch was, wenn der direkte Aufstieg unvermeidbar ist? Bei einer Landung in Quito, Cusco oder La Paz landet man ohne Akklimatisierungszeit direkt auf 2850, 3400 oder 3640 Metern. In diesem Fall sollte man es die ersten Tage definitiv etwas ruhiger angehen lassen und körperliche Anstrengung unbedingt vermeiden.   

Tipps für eine gute Akklimatisierung auf einen Blick:

  • Graduell aufsteigen: Am Tag hoch aufsteigen, nachts in tieferen Höhen schlafen.

  • Überanstrengung kann bei zu geringer Akklimatisierung schlimme Folgen haben. Lasse es also die ersten Tage ruhig angehen.

  • Steige bei einer Bergtour – aber auch auf den Treppen von La Paz – langsam auf. Je höher du dich befindest, desto langsamer solltest du aufsteigen.

  • Esse vorsichtig. Die ersten Tage in der Höhe solltest du nicht zu schwere Kost zu dir nehmen.

  • Verstärkte Atmung und trockene Luft führen schnell zu Dehydrierung. Es ist also ganz besonders wichtig, in der Höhe genug Wasser zu trinken.

  • Im Fall akuter Symptome solltest du auf keinen Fall weiter aufsteigen. Mache eine Pause und warte bis die Symptome verschwinden. Bevor du weiter aufsteigt sollten die Symptome definitiv verschwunden sein – unabhängig von Medikamenten. Falls sich die Symptome bis zum nächsten Morgen verschlimmern solltest du so schnell wie möglich absteigen.

  • Ganz wichtig: die betroffene Person sollte niemals alleine absteigen.

 

Fazit: Zeit, Zeit, Zeit

Natürlich ist die Höhe nicht per se schlecht für den Menschen. Ich bin immer wieder schwer beeindruckt wie problemlos die Menschen in den hoch gelegenen Dörfern und Städten der Anden Fussball spielen können. Ich bin bereits viele Wochen hier, doch nach dem ersten Sprint würde mir nach wie vor ganz sicher die Puste ausgehen.

Den Prozess der physiologischen Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen nennt man Akklimatisierung – und eine ausreichende Akklimatisierung schützt uns vor Symptomen der Höhenkrankheit. Ob man nun besonders trainiert sein mag oder nicht. Fitness hilft nicht unbedingt, eine gute Akklimatisierung kostet in jedem Falle Zeit. Ich empfehle deshalb vor allem einen graduellen Höhenanstieg und ein paar körperlich entspannte Tage zu Beginn deiner Reise. Und noch etwas: Man sollte es mit seinen ehrgeizigen Höhenzielen nicht übertreiben.

Eine Fussball-Match auf 3500 Metern. Die Höhe ist nicht per se schädlich.

Eine Fussball-Match auf 3500 Metern. Die Höhe ist nicht per se schädlich.