Wie fotografiere ich traditionelle Feste?
Auf Reisen bieten traditionelle Feste die einmalige Chance eine fremde Kultur besonders gut kennenzulernen. Gleichzeitig stellen sie immer auch eine besondere Herausforderung dar. Wie verhalte ich mich richtig? Was ist erlaubt und was nicht? Wo und wann sollte ich nach Motiven suchen und welche Feste bieten sich besonders gut zum Fotografieren an? Ich habe im letzten Jahr mehrere traditionelle Feste in Nordwest-Argentinien besuchen können und habe eine Menge daraus lernen können. In diesem Artikel versuche ich dir meine besten Tipps weiterzugeben.
Welches Equipment brauche ich?
Ganz ehrlich, die Frage des Equipments ist sicherlich die Unwichtigste aller Fragen. Die Hauptsache ist, dass du deine Kamera blind bedienen kannst und dich mit ihr wohl fühlst. Wie ich in einem früheren Artikel über meinen Wechsel zu Fujifilm beschrieben habe, bin ich mit meiner kleinen Fujifilm-Kamera unauffälliger unterwegs als mit einer großen Vollformat-Spiegelreflexkamera. Ich habe das Gefühl, dass ich dadurch weniger als Fotograf wahrgenommen werde und fühle mich deshalb wohler. Das mag nur ein psychologischer Faktor sein, auffallen wird man in manchen Umgebungen sicherlich so oder so. Gerade in der Puna ist es unmöglich als Weißer nicht wahrgenommen zu werden. Schweres Equipment würde ich jedoch auf jeden Fall zu Hause lassen. Ich bin am liebsten mit einer Kamera und einem Objektiv in einer Hüfttasche unterwegs. Beim Objektiv ist ein wenig Freistellungspotenzial natürlich schön. Zwar geht mit Festbrennweiten immer auch ein bisschen die Flexibilität verloren, ich habe aber nicht den Eindruck, dass meine Bilder dadurch schlechter werden – ganz im Gegenteil. Im Folgenden spreche ich über drei traditionelle Feste. Auf einem habe ich komplett mit dem 35mm f2 (ich spreche immer vom Vollformat-Äquivalent) fotografiert, auf dem nächsten mit dem 50mm f1.4, auf dem wieder nächsten mit dem 85mm f1.8. Die Brennweite ist also eigentlich egal, wichtig ist, dass du dich auf deine Wahl wirklich einlässt. Bei mir klappt das am besten, wenn ich nur ein einziges Objektiv mitnehme.
Zufall vs. Planung
Wer kennt das nicht? Wer viel auf Reisen ist, wird sicherlich irgendwann schon einmal zufällig auf ein traditionelles Fest gestoßen sein. So ging es mir in dem kleinen Dorf Seclantás Adentro in den Valles Calchaquies. Durch eine nette Unterhaltung mit einem Kleinbauern erfuhr ich am späten Vormittag von der Feier. Wenige Minuten später fand ich mich schon inmitten des Geschehens wieder. Kurz darauf begann bereits die Prozession. Ich suchte mir einen halbwegs geeigneten Standort und machte ein paar wenige Aufnahmen des Umzugs.
Den offiziellen Akt zu fotografieren ist in den meisten Fällen kein Problem. Die Menschen haben sich hierfür extra herausgeputzt und haben in den meisten Fällen nichts gegen ein Foto einzuwenden. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, also niemals einfach nur stur draufhalten.
Ganz andere Möglichkeiten ergeben sich, wenn man sich etwas besser auf eine Feier vorbereiten kann und bereits vorher weiß was einen erwarten wird. Die Osterprozession zur Punta Corral in der Quebrada de Humahuaca oder die Feier des Schutzpatrons von Huáncar in der argentinischen Puna hatte ich bereits viele Wochen zuvor in meinem Kalender notiert.
Timing und Motive
Eine gute Akklimatisierung ist also essentiell. Damit meine ich nicht unbedingt Aspekte wie Höhe oder Kälte, was natürlich auch nicht unwichtig ist, sondern eher das generelle Wohlbefinden. Wenn du dich in deiner Haut wohl fühlst, wird es dir auch leichter fallen kreativ zu arbeiten. Ein guter Tipp ist, vor dem eigentlichen Event ein paar Tage in dem jeweiligen Ort oder zumindest in der jeweiligen Region zu verbringen. Dies erlaubt dir einerseits dich zu gut vorzubereiten (Gibt es etwas auf das es besonders zu achten gilt? Womit sollte man vorsichtig sein? Was oder wen sollte man nicht unbedingt fotografieren?), andererseits erlaubt es dir früh vor Ort zu sein, flexible Entscheidungen zu treffen und das Geschehen rund um das Hauptevent mit einzufangen.
Zugegeben, mir fällt es manchmal nicht ganz leicht in größeren Menschenansammlungen zu fotografieren. Isolierte Motive und ein minimalistischer Bildaufbau gefallen mir einfach besser. Doch nur wenn ich gut vorbereitet bin, habe ich auch die Chance diese Motive einzufangen. Bei der Prozession zur Punta Corral fotografierte ich einige Zeit mitten im Geschehen. Weil ich die Gegend bereits kannte und in den vorherigen Tagen erkundet hatte kam ich schließlich auf die Idee, auf die gegenüberliegende Bergseite zu steigen. Das beste Foto dieses Tages ist somit abseits des eigentlichen Spektakels entstanden. Ähnlich ging es mir auch bei der Feier von Huáncar. Meine besten Fotos entstanden abseits des Trubels, in Seitenstraßen, bei der Zubereitung des Festessens und bei den Vorbereitungen am frühen Morgen.